TSG Begutachtung – Nein danke!

Das “Transsexuellengesetz” (TSG) von 1980 (in Kraft getreten 1981) schreibt Stand heute (2016/2017) noch immer vor, das Trans* Menschen, die ihren amtlichen Vornamen und/oder ihre amtlich erfasste Geschlechtszugehörigkeit ändern lassen wollen, eine zweifache Begutachtung über sich ergehen lassen müssen. Diese Begutachtung ist in vielerlei Aspekten aus heutiger Sicht fragwürdig, wissenschaftlich nicht haltbar und juristisch mit hoher Wahrscheinlichkeit widerrechtlich und verstößt gegen die Verfassung / das Grundgesetz.

Die aktuelle und fast alle vorherigen Bundesregierungen seit 1981 wurde immer wieder von Trans* Aktivist_innen darauf aufmerksam gemacht und um eine Reform ersucht. Sogar das Bundesverfassungsgericht beanstandete 2008 den desolaten Zustand des Gesetzes und forderte ebenfalls die damalige Bundesregierung unter Fristsetzung zur Reform auf. Dabei heraus kam allerdings nur ein “Reförmchen”, die kleinstmögliche Lösung, die gerade einmal die konkret beanstandete Regelung außer Kraft setzte.

Offenbar fehlt der politische Wille, einem offenkundigen Grundrechtsverstoß abzuhelfen.

2015 nahm ich mit der Kanzlei White & Case in Hamburg Kontakt auf, vermittelt durch die dgti. Mit Hilfe von White & Case wurde im Juni 2016 ein Antrag zur Vornamens- und Personenstandsänderung beim Amtsgericht Dortmund gestellt. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich und vielmals für die Unterstützung durch White & Case bedanken! Ohne die juristische Expertise und die viele viele Arbeit der Jurist_innen bei White & Case wäre dieses Verfahren völlig unmöglich gewesen. Das Gefühl zu haben, dass die Begutachtung irgendwie widerrechtlich ist, auch wissenschaftliche Papiere und politischer Ausdruck der Falschheit, helfen vor Gericht nicht bei der Begründung eines juristischen Zweifels. Hier haben die Kolleg_innen bei White & Case, wie ich finde, einfach großartige Arbeit geleistet, diese Übersetzung zu schaffen – Allergrößter Dank!

Chronologie

  • ab Juli 2015
    Gespräche mit Anwält_innen, Vorbereitung des Antrages
  • 16.6.2016
    Antrag nach TSG §1,8 zur Vornamens- und Personenstandsänderung unter Ablehnung der Begutachtung nach TSG §4(3)
  • 30.6.2016 (eingegangen 25.7.2016)
    Das AG Dortmund weist darauf hin, dass das TSG die Begutachtung vorschreibt und ein Antrag ohne eine solche abzulehnen sei. Es bietet an, der Begutachtung doch noch zuzustimmen.
  • 2.8.2016
    Wir lehnen das Angebot des AG Dortmund ab und verweisen abermals auf die vermutliche Verfassungwidrigkeit der Begutachtung.
  • 31.8.2016 (eingegangen 22.9.2016)
    Das AG Dortmund beschließt (Az 306 III 15/16) den Antrag abzulehnen.
  • 19.10.2016
    Wir legen beim AG Dortmund Beschwerde gegen die Ablehnung ein.
  • 21.10.2016 (eingegangen 31.10.2016)
    Das AG Dortmund fordert die Begründung zur Beschwerde.
  • 30.11.2016
    Wir begründen ausführlich die Beschwerde gegen die Ablehnung durch das AG Dortmund
  • 1.12.2016 (eingegangen 12.12.2016)
    Das AG Dortmund nimmt die Beschwerde nicht selbst zur Bearbeitung an und verweist das Verfahren an das Landgericht Dortmund.
  • 31.12.2016
    Das AG Dortmund hat den Fall nun doch direkt weiter an das Oberlandesgericht Hamm verwiesen.
  • 17.1.2017 (eingegangen 23.1.2017)
    Das OLG Hamm teilt das Aktenzeichen mit: Az I-15 W 2/17
  • 28.2.2017 (eingegangen 7.3.2017)
    Das OLG Hamm weist die Beschwerde zurück und schließt weitere Rechtsmittel aus. Damit steht nur noch die Verfassungsbeschwerde offen.
  • 6.4.2017
    Wir legen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.
  • 12.4.2017
    Das OLG Hamm veröffentlicht eine Presseerklärung (PDF, 23kb) zum Beschluss der Ablehnung der Beschwerde / des Verfahrens.
  • 13.4.2017
    Dazu eine Meldung bei “Legal Tribune” mit Kommentaren:
    http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/olg-hamm-15-w-2-17-transsexuelle-geschlecht-aenderung-gutachten-rechtmaessig/
  • 18.4.2017 (eingegangen 20.4.2017)
    Das BVerfG teilt das Aktenzeichen der Beschwerde mit: 1 BvR 747/17
  • 24.5.2017
    Hier eine Zusammenfassung des Inhalts und Gegenstands der eingereichten Verfassungbeschwerde: PDF 100kb
  • 24.11.2017
    Das BVerfG nimmt die Beschwerde nicht zur Verhandlung an! Die Entscheidung fiel offenbar bereits am 17.10.2017, wurde nus aber nicht mitgeteilt, wir erfuhren davon auch erst durch die Pressemitteilungen des BVerfG, kurz (PDF: PM 103-17 134kb und PM 103-17_1_BvR_0747_17 138kb).
    Damit ist noch nicht das Ende! Ich mache weiter…
    Wie es nun weiter geht, muss ich mit vielen Personen besprechen, den Anwält_innen, Aktivist_innen, Unterstützer_innen…

 

Pressespiegel