Haarentfernung

Gerade für trans* Frauen stellt der männliche Haarwuchs oft ein Problem dar. Gerade bei dunklen Barthaaren entsteht ein sehr unschöner Bartschatten, ein stark behaarter Rücken, Brust, Arme und Handrücken werden als eher unpassend empfunden und sollen weg. Um dies zu bewerkstelligen gibt es mehrere Methoden, mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen.

Rasur

Rasieren kennt jede_r, mit einer Klinge werden, die nassen oder trockenen Haar, so dicht wie möglich an der Hautoberfläche abgeschnitten.

Vorteil: Funktioniert an fast allen Körperstellen gleich gut, in der Regel schmerzfrei.

Nachteil: Die Haare wachsen kontinuierlich weiter nach und sind unter Umständen bereist nach wenigen Stunden wieder spür- oder sogar sichtbar. Gerade ein Bartschatten (sehr) dunkler Barthaare ist so kaum sinnvoll zu bekämpfen.

Kosten: Trockenrasierer nur Strom, Nassrasierer Klingen und ggf. Rasierschaum oder Gel.

By Anatomy_of_the_skin.jpg: Wong, D.J. and Chang, H.Y. Skin tissue engineering (March 31, 2009), StemBook, ed. The Stem Cell Research Community, StemBook, doi/10.3824/stembook.1.44.1, http://www.stembook.org. derivative work: Anka Friedrich [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Epilation – Zupfen, Wachs etc.

Die einfachste Epilationsmethode ist das Auszupfen der Haare mit verschiedenen Hilfsmitteln, angefangen von einer Pinzette über Warm- oder Kaltwachs bishin zu den elektrischen Epilationsgeräten mit rotierenden Pinzettenköpfen.

Vorteil: Das Haar wird inclusive des noch in der Haut befindlichen Teils entfernt (siehen Abbildung oben). Damit steckt dann also auch kein dunkler Teil des Haares mehr in der Haut und entsprechend geringer ist ein möglicher Schatten. Er ist aber nur geringer und nicht völlig weg, weil die Melanozyten am unteren Ende, kurz vor der Haarpapille (siehe Abbildung unten) überwiegend in der Haut verbleiben. Die Melanozyten sind die Bestandteile des Haares, die den Farbstoff für das Haar bilden und in das Haar währende des Wachstums einbauen, das sogenannte Melanin.

By Rollroboter (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Nachteil: Alle Verfahren sind mehr oder weniger schmerzhaft. Man gewöhnt sich zwar mit der Zeit etwas daran und bei Nachbehandlungen sind es meist nicht mehr soviele Haare, wie bei der Erstbehandlung, was auch den Schmerz etwas reduziert, aber es tut dennoch weh. Epilation durch Zupfen ist zu dem nicht permanent. Es dauert nur einfach länger, bis das Haar wieder in der Haut gewachsen ist und an der Oberfläche austritt. Die führt auch zu der gesteigerten Gefahr des Einwachsens von Haaren und damit auch Entzündungen oder Verkapselungen. Bei der Epilation sollte hygienisch gearbeitet werden, da es immer wieder zu kleinen Verletzungen kommt und auch vergeblich gezupfte Haare wieder zurück in die Haut rutschen. War die Haut dann nicht sauber, nehmen sie auf dem Weg ggf. Keime oder Verunreinigungen mit in die Haut, was wieder zu Entzündungen oder starken Irritationen führen kann. Eine “normale” Epilation im Gesicht durch Zupfen ist nicht zu empfehlen. Der Vorgang ist an einigen Stellen äußerst schmerzhaft und eventuell auftretende Probleme, wie Entzündungen oder starke Reizungen, anschließend schwer zu kaschieren. An vielen anderen Körperstellen kann es aber gut angewendet werden, wie an Armen, Beinen, Rücken, Brust, Bauch.

Kosten: Elektrische Epilierer nur Strom, ansonsten Warmwachs, Kaltwachs, Halawa etc. Man sollte mit einer ein- bis zwei wöchentlichen Nachbehandlung rechnen.

Epilation – Licht, IPL / Laser

Beim Rasieren und Epilieren durch Zupfen wird nur das gerade vorhandene Haar behandelt. Haare fallen ständig aus und werden neu gebildet, im sog. Haar-Folikel. Der Folikel besteht aus vielen Bestandteilen, im Besonderen den Haar bildenden Zellen und den Melanozyten, dem Teil, der dem Haar den Farbstoff verleiht, also das Haar ggf. dunkel färbt. Ein Haar ohne Farbstoff ist weiß bis fast durchsichtig. Mit den Licht basierten Verfahren wie dem Impulslichtlicht (IPL) oder Laser wird versucht, nicht das Haar selbst zu bekämpfen, sondern die Zellen die es bilden, also wachsen lassen. Beide Verfahren beruhen auf einer Thermolyse, also eine Schädigung bishin zur Zerstörung der Haar bildenden Zellen durch Temperatur.

Dazu wird auf die Hautoberfläche ein starker hoch energetischer Lichtimpuls abgegeben. Die Haut selbst muss dabei so hell wie möglich sein, weshalb sich eine Behandlung nach den Wintermonaten anbietet. Das Licht dringt durch die oberen Hautschichten und trifft dann auf das dunkle Haar und die dunklen Melanozyten. An allen dunklen Stellen wird nun die Lichtenergie in Wärme umgesetzt, so wie die Sonne eine Oberfläche erwärmt. Durch den sehr kurzen aber heftigen Impuls möchte man erreichen, dass an den dunkelsten Stellen kurzfristig möglichst hohe Temperaturen entstehen, deutlich über 42°C. Etwa ab dieser Temperatur werden Proteine (Eiweiße) zerstört, man kennt das vom Spiegelei braten. Proteine sind existentielle Bestandteile jeder Zelle, also auch der Haar-Folikel. Werden die Proteine dort zerstört, stirbt die Zelle und kann damit auch ein kein Haar mehr bilden. Hierfür ist es nötig, die feinen Blutgefäße, die die Papille (siehe Abbildung oben) mit Nährstoffen zum Wachstum versorgen, zu zerstören. Dann ist der Haarwuchs für immer beendet.

Der wesentliche Unterschied zwischen IPL und Laser besteht in der Art und Weise wie der Lichtimpuls erzeugt wird. Bei IPL wird eine Blitzlampe, ähnlich wie bei einem Fotoapparat, verwendet, bei Laser eben ein Laser. Eine Blitzlampe erzeugt einen Lichtimpuls mit unterschiedlichsten Wellenlängen, ein Laser prinzipbedingt mit nur einer Wellenlänge. Die Wellenlänge des Lichts entspricht der Farbe. Zum Beispiel absorbiert ein rotes Haar alle Wellenlängen außer Rot, daher sehen wir es Rot, denn der rote Anteil des Lichts wird reflektiert. Würde man dieses mit einem roten Laser beschießen, würde fast die gesamte Energie reflektiert und kein Effekt ausgelöst. Liegt also die Wellenlänge des Behandlungslasers in einem Bereich, der von den Haar gut absorbiert wird, dann erzielt man mit einem Laser die besseren Ergebnisse. Liegt die Farbe der Haare aber so, dass viel reflektiert würde, dann nützt es nichts. Dafür kann hier IPL unter Umständen besser wirken, da ein breiteres Lichtspektrum abgegeben wird und damit die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass ein großer Teil davon absorbiert und in Wärme umgesetzt wird.

Vorteil: Ist das Haar geschädigt, so wächst dort nie wieder eines. Auch die Melanozyten bilden keinen Farbstoff mehr und entsprechend verschwindet der (Bart-)Schatten – endgültig. Wenn es gut funktioniert hat, fallen die Haare nach ein bis zwei Wochen von alleine einfach aus. In dieser Zeit ist der Folikel abgestorben und das Haar verliert seinen Halt.

Nachteil: Die Behandlung ist schmerzhaft! Man kann sich einen Schuss eines IPL- oder Lasergerätes vorstellen, wie ein gut gespanntes Gummi eines Einmachglases auf die Haut schnalzen zu lassen. Das tut richtig weh, Zupfen ist dagegen völlig harmlos. Leider ist auch die Dosierung nicht ganz einfach. Für eine wirklich dauerhafte Zerstörung der Haare, muss man mit großen Energiemengen arbeiten. Die Grenze zur Hautverbrennung ist leicht erreicht, doch das möchte man natürlich nicht. Daher braucht es wirklich erfahrene Behandler_innen, die diese für jeden individuelle Grenze finden können. Es ist aber wichtig auch an der Grenze zu arbeiten, da sonst kein dauerhafter Effekt erzielt wird. Ist die Energie zu gering, kann der Folikel auch in einen Schlaf-Zustand versetzt werden, der lediglich das Wachstum aufschiebt. Dann kommen alle Haare nach einigen Wochen oder Monaten wieder. Gerade Kosmetikstudios, die mit Geräten geringer Leistung arbeiten oder wenig Erfahrung haben, arbeiten oft so. Die nicht dauerhaften Ergebnisse werden erst nach Monaten offensichtlich und man ärgert sich über die Zeit- und Geldverschwendung.

Persönliche Anmerkung: Ich habe anfangs IPL von einer erfahrenen Behandlerin mit zum Schluss 21 Joule pro Schuss machen lassen. Zum Vergleich, selbst die besten Heimgeräte arbeiten gerade einmal mit bis zu 6 Joule.

Kosten: Eine vollständige Gesichtsbehandlung mit Laser oder IPL in einem erfahrenen Studio kostet um 100€. Für einen ersten guten Erfolg sind 6 bis 10 Behandlungen mit ca. 4 Wochen Abständen empfehlenswert, also Gesamtkosten zwischen 600€ und 1000€. Durch die Wachstumszyklen der Haare von bis zu drei Jahren können in dieser Zeit zwangsläufig nicht alle Haare entfernt werden, wohl aber alle, die gerade aktiv waren.

Epilation – Elektro-Nadel

Die Licht basierten Methoden wirken nur, wenn die Haare dunkel sind, damit an ihnen auch die Lichtenergie in Wärme umgesetzt werden kann. Bei hellen Haaren funktioniert dies also nicht mehr – oder bei dunkler Haut. In diesen Fällen hilft nur noch Elektro-Nadel Epilation. Bei diesem Verfahren wird eine dünne metallische Sondennadel in den Haarkanal bis zur Wurzel/Papille eingeführt und dann mit Gleich- oder Wechselstrom, je nach Verfahren, die Wurzel und damit der Folikel abgetötet, das Haar wird anschließend mit einer Pinzette einzeln gezogen. Hat alles funktioniert, so ist das Ziehen dann annähernd schmerzfrei.

Im Wesentlich werden dabei zwei Methoden und Effekte verwendet. Das erste ist das Blending mit Gleichstrom. Durch das Anlegen des Gleichstroms findet eine Elektrolyse der Gewebeflüssigkeit statt und es bildet sich eine Lauge. Die Lauge wiederum ist ätzend und verätzt und tötet damit den Folikel. Klingt dramatischer als es ist, denn es ist nur ein sehr kleines Gebiet und nur ein geringer elektrischer Strom. Die zweite Methode ist die Thermolyse. Dabei wird ein Wechselstrom angelegt, der an der Spitze der Sonde zu einer Erwärmung des Gewebes führt. Ähnlich wie bei den Licht basierten Verfahren werden dadurch die Proteine der Zellen geschädigt und damit das Haar abgetötet.

Vorteil: Ein auf diese Art abgetötetes Haar ist definitiv weg.

Nachteil: Jedes Haar muss einzeln behandelt werden. Das ist entsprechend zeitaufwändig. Außerdem können nur jene Haare behandelt werden, die gerade auch sichtbar sind. Da es in der Haut aber etwa fünf mal mehr Haaranlagen als aktive Haare gibt, muss man warten bis alle diese einmal ein Haar produzieren, um auch wirklich alle zu erwischen. Der Haarzyklus dauert gut drei Jahre oder mehr, d.h. man muss damit rechnen, dass man diese Behandlung mehrere Jahre kontinuierlich durchführen lassen muss. Außerdem sollte man erwähnen, dass die Behandlung nicht schmerzfrei ist. Gerade an den Stellen, die ohnehin sehr empfindlich sind, z.B. auf der Oberlippe, ist dies eine eher unangenehme Prozedur. Allgemeine Schmerzmittel wie Schmerztabletten helfen leider sehr wenig, Schmerzmittel, die die Blutgerinnung beeinflussen können sogar extrem problematisch sein (Acetylsalicylsäure wie in Aspirin oder ASS). Ein wenig helfen Oberflächen-Analgetika wie die Emla Salbe.

Kosten: ca. 1€ pro Behandlungsminute, ein_e gute Behandler_in schafft dabei bis zu 20 Haare. Eine vollständige Nadel-Epilation eines durchschnittlichen Bartes braucht um die 180 Stunden. Die Kosten belaufen sich entsprechend um die 10.000€ und die Behandlung zieht sich über mehrere Jahre – das macht kein Mensch freiwillig mit, wenn es nicht wirklich nötig ist.

Kostenerstattung Krankenkassen

Epilation bei trans* Frauen ist immer wieder ein Streitpunkt mit den Krankenkassen. Die Hürden werden meist hoch gelegt und eine Kostenerstattung erst auf Antrag und nach Einhaltung der Fristen aus den MDS Richtlinien bewilligt. Eine IPL- oder Laser-Behandlung wird in aller Regel abgelehnt, da es sich hierbei um ein nicht medizinisch anerkanntes Verfahren handelt. Manche Kassen lassen sich aber, mit viel gutem Willen und Überzeugungsarbeit, dennoch zu einem Ersatz oder zumindest einer Kostenbeteiligung überreden. Ein Recht dazu gibt es allerdings nicht.

Das in Deutschland einzig medizinisch anerkannte Verfahren ist die Elektro-Nadel-Epilation. Krankenkassen erstatten normalerweise nur Kosten für von Ärzten durchgeführte Leistungen und diese dann nach einem festen Abrechnungsschlüssel. Eine Nadel-Epilation eines männlichen Bartes ist darin jedoch nicht vorgesehen. Der Abrechnugsschlüssel für eine Nadel-Epilation im Gesicht ist gedacht für vereinzelte Haare, nicht für einen komplette Bart. Ärzte, Dermatologen, die eine Nadel-Epilation anbieten, können daher eine solche Behandlung nicht wirtschaftlich durchführen und entsprechend wird eine solche dann auch von den allermeisten verweigert.

Trans* Frauen bleibt dann in aller Regel nichts anderes übrig, als sich ein Kosmetikstudio oder ein spezialisiertes Haarentfernungsstudio zu suchen und die Kosten im Kostenerstattungsverfahren von der Krankenkasse erstatten zu lassen. Die Kassen verweigern dies in der Regel beim Erstantrag, also muss man etwas nachhelfen. Zum einen sollte man versuchen, die Qualifikation des gewählten Studios nachzuweisen – Zeugnisse, Fortbildungsbescheinigungen etc. Dann sollte man versuchen, die Erfahrung mit trans* Frauen nachzuweisen, also hat dieses Studio bereits erfolgreich trans* Frauen behandelt? Wenn ja, wie wurde bei diesen abgerechnet?

Das Kostenerstattungsverfahen der Krankenkassen basiert auch darauf, dass man die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit einer regelkonformen Behandlung nachweisen muss. Man muss also nachweisen, dass in einem zumutbaren räumlichen Umkreis kein_e Mediziner_in mit Kassenzulassung diese Behandlung durchführen würde. Dieser Nachweis sollte nicht schwer zu führen sein, d.h. also eine Hand voll Dermatolog_innen anrufen und sich von ihnen eine Absage abholen.

Manche Kassen verweigern auch dann noch die Erstattung und halten einen hin. Das Sozialgericht Düsseldorf hat aber in dieser Hinsicht positiv geurteilt, am 11.12.2007
Aktenzeichen S 4 KR 78/07, siehe auch hier als PDF, Seite 50:

1. NADEL-EPILATION BEI TRANSSEXUALITÄT DURCH KOSMETIKERIN
SG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2007 – S 4 KR 78/07 –
RID 08-02-153
www.sozialgerichtsbarkeit.de
SGB V §§ 2 II 1, 13 III, 27 I 1 u. 2 Nr. 1, 75, 76 I
Bei Transsexualität kann die Behaarung im Gesichts- und Halsbereich eine Krankheit darstellen. Die Nadel-Epilation, die grundsätzlich als ärztliche Behandlung im Sinne von § 27 I 2 Nr. 1 SGB V zu bewerten ist, kann, wenn kein vertragsärztlicher Behandler gefunden werden kann, auch durch eine Kosmetikerin ausgeführt werden.
Das SG gab der Klage statt u. verurteilte die Krankenkasse, die bisher entstandenen Kosten der am 29.08.2007 begonnenen Nadelepilation bei der Kosmetikerin J C1 zu erstatten und in der Zukunft bis insgesamt 180 Stunden zu übernehmen.

Damit sollte sich eine Kasse von dem Anspruch auf mindestens 180 Stunden Behandlungsdauer überzeugen lassen und zudem, dass diese auch in einem qualifizierten Kosmetikstudio durchgeführt werden können.

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