Verflixt, so langsam verblassen schon die Erinnerungen, denn ich beschreibe diesen Tag nun schon gut zwei Wochen retrospektiv. Also halte ich mich lieber mal ran, bevor ich alles vergesse…
Aufstehen, fertigmachen
Also Freitag… wie jeder Tag beginnt auch dieser Freitag mit einem Morgen, aufstehen und fertig machen. Der Wecker klingelt wieder zu garstig früher Zeit – 0700 Uhr! Und wer mich kennt weiss, dass das nicht schön für mich ist. Ich bin Nacht-Eule und Langschläferin. Aber nunja, muss sein. Diesen Morgen wollte ich auch noch Duschen und Haare waschen, also wusste ich zu genau, dass ich definitiv mehr Zeit benötigen würde. Daher nicht getrödelt, beim ersten Wecker aus dem Bett gesprungen und los! Und das ist für mich schon recht ungewöhnlich, denn als Bett-liebend pflege ich nicht gleich aus dem Bett zu hüpfen, schon gar nicht um die Uhrzeit. Aber irgendwie motivierte mich die Situation und die Aussicht auf einen aufregenden neuen Tag doch gewaltig!
Zudem war ich um 9:00 Uhr mit Andrea zum Frühstück verabredet und ich pflege eigentlich pünktlich zu sein! Also erstmal raus aus dem Schlaf-Body, rein ins Bad und ab unter die Dusche, wo ich dann auch gleich final überlegte, was ich denn zum Frühstück anziehen wollte – immer das gehobene Ambiente des Hotels im Hinterkopf. Dann Abtrocknen und Wäsche suchen. Heute sollte es ein beiger Strickpulli mit einem weiss-schwarz gepunktetem Knielangem Rock werden, also ein weisses BH Hemd unten drunter sowie eine schwarze FSH, später sollten dann enstprechende Pumps dazu kommen.
Doch jetzt also erst wieder zurück ins Bad, eincremen und dann Make-Up. Ich versuchte mich an ein paar Tipps von Hannelore vom Vortag zu halten (und zu erinnern!) aber irgendwie wollte es nicht so ganz wie gestern klappen. Nunja- Frau muss noch üben üben üben… aber schlussendlich war es nicht arg schlecht – nur eben nicht so wie gestern. Als ich dann, immernoch nur in Wäsche, auf die Uhr guckte, SCHOCK! Schon viertel vor 9, wo war die ganze Zeit geblieben? Und die Haare waren noch nass und ich nicht fertig angezogen – gleich steht bestimmt schon Andrea vor der Tür! Also schnell zurück ins Bad, Haare föhnen und etwas zurecht machen. Katrin hatte mir noch das föhnen über eine Rundbürste empfohlen, doch das wollte mir einfach nicht richtig gelingen, also dann halt so wie immer, einfach nur über Kopf – das gibt etwas mehr Volumen.
Kaum fertig mit den Haaren klopft es schon energisch an der Tür – verflixt!
Ich entschuldige mich für weitere 10 Minuten – wie peinlich 🙂 Also schnell noch die Haare einmal durchbürsten, Rock und Pulli angezogen, Handtasche gepackt und endlich hole ich, gut 10 Minuten zu spät, Andrea in ihrem Zimmer ab. Selbstbewusst wie sie ist, Andrea vorneweg und ich einen halben Schritt hinterher – und darum war ich auch offen gestanden ganz froh, d.h. dass ich mich hinter ihr etwas verstecken konnte. Das war de-facto zwar ein Trugschluss, da ich mit meinen 10cm Pumps und ohnehin schon 1,87m ein gutes Stück grösser als Sie bin, aus dem Verstecken wird also nichts. Aber das Gefühl zählt und mir gab es eine etwas grössere Sicherheit.
Frühstück
Nachdem das Frühstück gestern schon so unproblematisch verlief und ich auch in den Lokalen keine Probleme hatte etwas zu bestellen, bestellte ich diesen Morgen bei der Bedienung eine der angebotenen Frühstücks-Ei Zubereitungen – aber was gab es denn überhaupt? Also fragte ich nach – es gab unter anderem Omelette, das wollte ich! Die Bedienung war sehr freundlich und ansonsten – völlig unauffällig. Super!
Ansonsten gab es ja noch das Frühstücks-Buffet mit allem was man so gerne hat, also kamen zu dem Omelette noch ein paar Gänge ans Buffet hinzu und damit vorbei an weiteren Gästen. In der direkten Nachbarschaft unseres Tisches sassen verschiedene weitere Gäste – ältere, jüngere, Männer, Frauen und Kinder. Ich glaube am wenigsten Notiz nahmen Ältere von uns. Vielleicht noch ein kritischer Blick der jüngeren Frauen, aber ansonsten eigentlich wenig. Aber auch hier könnte ich beim besten Willen nicht sagen, warum sie ggf. geschaut haben – weil sie uns oder mich als nicht Bio-Frau erkannten? Oder einfach nur zum Abchecken der potentiellen Konkurrenz? Gefühlt die kritischsten Blicke kamen von der Mutter einer jungen Familie gegenüber, die mit zwei jüngeren Kindern dort waren. Warum? Keine Ahnung. Wir werden es leider nie erfahren. Aber auf jeden Fall keinerlei hörbarer Kommentar oder ähnliche despektierliche Reaktion, von niemandem – und das reichte mir schon völlig.
Nach dem Frühstück wollten wir etwas vor die Tür – klar, deswegen waren wir ja schliesslich hier! Vielleicht ein bisschen die Geschäfte in der Umgebung unsicher machen. Heute sind diese ja wieder geöffnet und wir sind mitten in der Innenstadt, was läge also näher? Zurück auf dem Zimmer wechselte ich den Rock gegen den etwas längeren von Mittwoch sowie ein paar Schuhe mit Blockabsatz – nicht zu hoch und bequem genug, um etwas zu laufen. Dazu noch den Mantel und so ging es dann raus, über den Altmarkt hinüber zur Galerie, die sich fast direkt dort anschliesst.
Shopping!
Das Wetter war, für Anfang Oktober, grossartig! Sonnenschein, noch halbwegs warm, allerdings ein bisschen frisch windig. Die Sonne liess die wunderbaren alten Gebäude rund im den Altmarkt erstrahlen! Und auch die Galerie… dazu muss ich nun doch mal etwas sagen… Diese Gelerien oder Center, meist betrieben von dieser ECE Gesellschaft, sind zwar praktisch, weil alles beisammen ist, sind aber meist keine besonderen Schönheiten. Auch erweisen sie sich fast überall bald eher als hinderlich für die Stadtentwicklung, weil sie die gewachsenen Geschäftsstruktur in den Innenstädten radikal verändern. Kaum noch jemand geht noch ausserhalb einkaufen – es ist ja auch so bequem, sich innerhalb nur eines Komplexes zu bewegen? Das Konzept der amerikanischen Malls. Nur im Gegenteil zu den USA haben wir in Europa und Deutschland eine Kultur von lebendigen Innenstädten! Wir brauchen diese Konzentratoren nicht! Nunja, sei’s drum… wir waren also zunächst mal dort drin und es war – nunja, praktisch 🙂
Selbstverständlich ist die Publikumsdichte in solch einem Shopping Tempel höher, als auf der durchschnittlichen Strasse. Also wieder eine etwas neue Situation, ein aus dem Weg gehen ist hier kaum noch möglich. Andrea wieder vorneweg und ich hinterher. Aber wie nicht anders zu erwarten, spielte sich auch hier nichts Besonderes ab, d.h. keine bösen oder verdutzten Blicke und so konnten wir ganz unbefangen mal in Klamotten-Läden dort stöbern, wo wir sonst nur eher gehemmt mal einen verstohlenen Blick hinwerfen. Und auch das muss mal gesagt werden – das mit dem gehemmten Blick und so – das ist völliger Blödsinn! Nichts und niemand hindert einen Mann daran, in der Damenabteilung unbefangen zu schauen! Was uns hindert, sind einzig wir selbst. Aber sei es wie es sei, so war es nun doch endgültig in Ordnung und damit ein wunderbar befreites Gefühl! Wie das aber in diesen Centern und Galerien auch so ist, die Preisklasse der dort befindlichen Läden liegt dann doch über dem, was man mal so eben als Schnäppchen mitnimmt – 60€ für eine Bluse ist nicht unüblich und liegt damit aber deutlich über meinem üblichen Budget für soetwas.
So langsam merkte ich meine Füsse ein wenig und auch, dass meine Schuhe, die zu Hause für Kurzstrecken völlig in Ordnung waren, doch für längere Spaziergänge in freier Wildbahn offenbar doch weniger gut geeignet waren. Ausserdem war mir das schon relativ klar und ich wollte für den Abend, eine Stadtführung stand an, auf jeden Fall noch etwas haben, was etwas bequemer war. Und so kam mir eine Deichmann Filiale im Untergeschoss wie gerufen! Deichmann ist einer der wenigen Schuh Läden, die auch größere Größen in der Damenabteilung führen, ich brauche etwa 42. Und zudem sind die auch noch recht bezahlbar. Also nix wie rein – und endlich auch mal anprobieren können! Glorios!
Ich suchte schon etwas mit Absatz – ich „stehe“ (nuja, sind ja Schuhe 🙂 einfach auf etwas Absatz, 5cm+ sollte es schon sein – und dann sollten es entweder Stiefeletten, Hochfront-Pumps oder Stiefel sein. Im Vergleich zur Vorfreude, endlich mal auch unbefangen probieren zu können, war dann die Auswahl doch etwas eingeschränkt, also bzgl. dessen, was mir gefiel. Schlussendlich fand ich ein paar Stiefel mit moderatem Absatz (die etwas höheren gab es leider, trotz Rückfrage, nicht in 42) und aus Echtleder. Preis war auch OK – für echtes Leder und Stiefel 69€ fand ich OK. Das sind übrigens die Stiefel, die auch auf dem Bild meiner Homepage zu sehen sind:
https://sites.google.com/site/nicolebeaux/
Also kurzentschlossen eingepackt. Bargeld war etwas knapp, also wollte ich mit EC Karte bezahlen. Damit die Sache mit Unterschrift nicht peinlich würde schaute ich vorher noch, ob man hier mit Pin oder Unterschrift zahlte – Pin, gut! Die übliche Deichmann Rückfrage nach der Lederpflege etc. verneinte ich freundlich. Mit der Beute am Arm ging es dann durch noch ein paar Mode Geschäfte, aber etwas wirklich Tolles oder Schnäppchen waren leider nicht dabei. Dennoch war es toll, mal so durch die Läden zu gehen! Ich muss allerdings auch gestehen ganz froh gewesen zu sein, von keinen übereifrigen Verkäufern angesprochen worden zu sein.
Offengestanden hätte ich mich jetzt schon wieder für ein Stündchen hinlegen können! Eine solche Shopping-Tour ist ohnehin schon reichlich kraftraubend, aber für mich kam ja noch der Stress dazu, eben in einer noch etwas fremden Rolle unterwegs zu sein, d.h. alle Sinne waren permanent auf ACHTUNG! Aber Andrea zeigte keine Anzeichen von Müdigkeit und so liess ich mir auch nichts anmerken 🙂 Nachdem wir die komplette Galerie abgeschritten hatten gingen wir auf der Rückseite hinaus in Richtung der Fussgängerzone Prager Strasse, hier gibt es eine kleine Karte zur Verdeutlichung bei Google Maps. Die Prager Strasse ist wohl die ältere Shopping Meile, jedenfalls kommt es einem so vor.
Hier finden sich neben einigen Sparten-Läden vor allem Klassiker, wie bspw. der Karstadt direkt zu Anfang, den wir dann auch als erstes unsicher machten. Auch hier gab es leider wenig wirklich Interessantes, was mich offen gesagt etwas enttäuschte. Jetzt hatte ich schonmal die Freihheit zu gucken und sogar ggf. mal etwas zu probieren und was gab es? Nicht viel. Und das was es gab war dann auch leider noch prohibitiv teuer. Aber es gab schöne Sitzgelegenheiten! Und so nutzte ich die Gelegenheit und tauschte meine Schuhe gegen die neuen Stiefel – und das war auch sehr gut so! Die waren deutlich bequemer, obwohl der Absatz noch ein Stück höher war, als der der Schuhe.
Deutlich entspannter ging es nun die restliche Prager Strasse, durch noch ein paar Geschäfte, hinunter bis kurz vor den Hauptbahnhof und dann langsam wieder zurück, mit einem Zwischenstop in einem Kaffee – Cappucino und etwas verschnaufen. Auch hier natürlich wieder banges Umsehen, guckt wer komisch?
Am Nachbartisch sass dann ein älteres Paar und nachdem ich die beiden etwas studiert hatte war ich endgültig beruhigt, dass wir nichts Besonderes waren 🙂 Gerade die Frau war schon sehr seltsam… zunächst nicht super gepflegt, dazu sehr ordentlich übergewichtig – Modell „quadratisch, praktisch, gut“. Dazu kam dann, dass sie, wohlgemerkt in einem Kaffee, zuerst eine Art Magenbitter und dazu ein großes Bier trank – am Mittag? Oha… Und dann kramte sie noch in einer um den Hals hängenden Tasche herum, fingerte ein Handy heraus und dabei schaute oben aus der Tasche etwas wie eine Barbie-Puppe heraus. Huch? Also nur um das klarzustellen – ich möchte mich darüber keinesfalls lustig machen oder abschätzig oder abwertend darüber urteilen! Wirklich nichts liegt mir ferner. Warum ich das nur hier erwähne ist, dass diese Dame auch, genau wie wir, alles andere als „normal“ war, wir also nicht die einzigen seltsamen Vögel in diesem Lokal waren. Und so wie diese und uns gibt es Dutzende, Hunderte, ja Tausende, jeden Tag und überall. Sich über Andersartigkeit große Gedanken zu machen ist eigentlich völliger Mumpitz. Jeder ist anders – die einen mehr, die anderen weniger.
Nach Kaffee und Schnack sind wir dann endlich zurück zum Hotel gegangen, um uns zum einen etwas auszuruhen und zum anderen auch auf den Abend vorzubereiten – „Stadtführung mit Dinner und Wein“, na das wird ja spannend!
Stadführung – mit Dinner und Wein
Das ganze hatte auch wieder Andrea ausgekundschaftet und wir hatten das dann beide im Vorfeld über einen Event-Veranstalter gebucht. Was uns da erwarten würde, war zumindest mir völlig unklar – gut, eine Stadtführung kann ich mir vorstellen, eine Weinprobe auch, doch was verstehen die wohl unter Dinner?
Treff- und damit auch Startpunkt für die Führung war um 1800 Uhr das sogenannte Kronentor im Zwinger. Ich hatte keinerlei Ahnung was und wo das war – Andrea aber schon 🙂 Da klar war, dass wir etwas länger draussen unterwegs sein würden, wechselte ich die 40den Strumpfhose gegen eine Thermo-Strumpfhose und einen etwas wärmere Strick-Rock, dazu natürlich meine tollen und bequemen neuen Stiefel. Und so ging es dann bei wunderbarer Abendsonne in den Zwinger.
Zwangsläufig ist der Zwinger ein Anlaufpunkt für alle Touristen und so kamen wir nicht umhin, zwischen Besuchergruppen, Pärchen und allen möglichen anderen hindurchzuschlüpfen, einmal quer über den Platz. Das Kronentor ist etwa hier. Unter dem Kronentor warteten schon ein paar Leute, doch ob diese auch zu unserer Gruppe gehören würden, war natürlich noch nicht klar. Also stellten wir uns erstmal dazu. Andrea meinte, dass wir wohl schon für ein paar verwirrte Blicke gesorgt hätten. Hmm… vielleicht bin ich schon abgestumpft, aber mir ist nichts besonderes aufgefallen.
Kurz vor 1800 Uhr erschien eine untersetzte Frau, ganz offenbar als etwas mittelalterlich angehauchte Magd verkleidet mit einem Korb am Arm. Und wie es sich für eine Magd dieser Zeit gehörte, hatte auch dieses Modell ein entsprechend loses Mundwerk – aber nett lose 🙂 Sie lockerte also mit allerhand heiteren Sprüchen die Runde etwas auf und fragte auch alle, woher sie denn kämen. Unsere Gruppe von knapp 40 Personen war bunt gemischt – ein paar Einheimische aus Dresden und Umgebung, eine ganze Menge Leute aus NRW und… verflixt, vergessen 🙂 Teile eines Doppelkopf-Clubs und eines Kegelclubs waren jedenfalls auch dabei. Und schon direkt zu Beginn zeigte sich einer der Herren als besonderer Stimmungsbringer, auf den die Magd dann auch in den folgenden gut 3 Stunden immer wieder gerne einging. Gemischt mit etwas höfischer Redensart erzählte sie eine Menge, mit viel Humor und so konnten wir schon zu beginn ein paar mal herzlich lachen. Besagter Herr, später nur noch Junker Manfred genannt, hielt dann immer wieder gerne als „typischer Mann“ her – mit einem entsprechenden Schmunzeln aller Beteiligten, jeder nahm es mit der nötigen Priese Humor, was wunderbar war!
Vom Kronentor ging es dann, nun mit der ganzen Gruppe, wieder über den inneren Platz des Zwingers mit Stopp in der Mitte und allerhand humorvoller Erklärungen durch die Magd. Wusstet Ihr, dass die Adeligen seinerzeit aus Elfenbein geschnitzte Floh- und Läusefallen überall am Körper trugen? Mit Blut und Honig als Lockstoff gefüllt? Igitt… Der ganze Zwinger war wohl ohnehin der reinste Sündenpfuhl, nur zu einem Zweck gebaut: Party! Da wurde wohl gesoffen und gefeiert was das Zeug hielt – wovon die Magd dann nur all zu gerne humorvoll berichtete 🙂 Andrea und ich hielten uns eher in den hinteren Reihen der Gruppe auf, zumindest was mich angeht auch nicht zuletzt, um nicht durch die Magd angesprochen und ggf. Gegenstand des nächsten Witzes zu werden. Nur um Missverständnissen vorzubeugen, sie hat sich stets völlig korrekt verhalten und niemanden lächerlich gemacht! Aber vor einer Gruppe von 40 Leuten möchte unsereine dann doch nicht unverhofft und eher unfreiwillig Hautdarstellerin einer kurzen Comedy-Einlage werden. Alles verlief aber völlig reibungslos und wir hatten immer wieder lustige Momente – nicht zuletzt wegen ihrer humorvollen „Auseinadersetzung“ mit Junker Manfred 🙂
Vorbei an der Semperoper und Hofkirche ging es dann recht zügig an der Frauenkirche knapp vorbei in den Keller des ehemaligen „Pulverturm“, heute ein Keller unter dem „Coselpalais“, zum ersten Teil des „Dinners“. Hier gab es einen deftigen Vorspeisenmix – eine Art Mettwurst, kleine Frikadellen, geräucherten Schinken, eingelegte Gurken und Dererlei, dazu ein recht leckeres Haus gebackenes Brot mit eingearbeitetem Käse oder Schinken. Diese eher Häppchen standen auf Brettchen in der Mitte der Tische und damit musste man sich zwangsläufig non-verbal und auch verbal mit den Tischnachbarn verständigen, wer denn was ggf. noch wolle etc. Zudem waren die Tische nicht gerade riesig, oder anders gesagt, man sass schon sehr nah beieinander! Aus dem Weg gehen oder Abstand halten war hier definitiv keine Option mehr. Und wollte man nicht gänzlich auf Essen verzichten, musste man also mitmachen. Und siehe da, die Interaktion war völlig problemlos! Freundliches danke und bitte, etwas Smalltalk, kein Problem – wie wunderbar! Und auch hier würde ich spontan sagen, die die am wenigsten reserviert auf uns reagierten, wenn man da überhaupt eine Abstufung machen kann, waren die etwas älteren Damen. Ich hatte zum Essen noch eine erste Weissweinschorle, was mich im Anschluss etwas auflockerte.
Für das ganze hatten wir eine gute halbe Stunde Zeit. Als wir wieder draussen waren erklärte uns die Magd etwas die Geschichte des Platzes, des Pulverturms, der Frauenkirche und den umliegenden Gebäuden. Und auch hier wieder gerne etwas lustig ausschweifend, mit ein paar Anekdötchen, von denen ich leider keine einzige hier wiederzugeben vermag. Was ich allerdings noch weiss ist, dass Junker Manfred immer wieder gerne darin eingebaut wurde und er dies auch sehr humorvoll mitmachte – was das ganze zu einem wirklich sehr schönen Erlebnis machte. Von dort ging es durch die Brühlsche Gasse vorbei an dem größten Porzellan Mosaik der Welt und ein paar kleinen Umwegen zu einem kleinen Weingeschäft, wo dann eine kleine Weinverkostung mit Erklärung sattfand. Nun, der Punkt hat mich ein klein wenig enttäuscht. Zwar hat sich der Eigentümer des kleinen Weinladens Mühe gegeben, die Geschichte das Sächsischen Weinanbaus zu erklären, was auch in der Tat interessant war! Ich wusste bspw. noch nicht, dass wir in Deutschland wegen der Reblaus keinen normalen Wein mehr anbauen können, sondern nur noch nordamerikanische Weinstöcke mit den gewünschten Rebsorten „aufpropfen“ – dass man das macht, wusste ich schon, aber nicht warum. Das war also gut! Etwas schade war nur, dass das alles zum einen draussen auf der Gasse stattfand, also entsprechend kalt war, und die Verkostung aus einem einzigen Gläschen einer einzigen Sorte bestand. Hier hätte ich mir in der Tat eine Probe mehrerer Sorten gewünscht.
Der etwas spannendere Punkt kam allerdings kurz vor dem Abmarsch 🙂 Die Magd sprach Andrea und mich gezielt an, weil wir doch eher aus Bier-Regionen kämen, warum wir denn die Weinführung mitmachten und nicht die Bierführung am nächsten Tag? Ich hatte ja, ob des losen Mundwerks der Dame, etwas Bammel ihr Rede und Antwort zu stehen! Das war aber völlig unbegründet, denn sie schien sich wirklich zu interessieren und lies sich gerne erklären, wo wir denn her kämen, warum etc. und dann plapperte ich noch los, dass ich eigentlich aus der Pfalz käme, wo ja eine Menge Deutscher Wein zu Hause ist etc. Nicht der Ansatz einer seltsamen Reaktion kam von ihr, was mir, ehrlich gesagt, runter ging wie Öl – einfach toll! Wenn ich das irgendwie bewerten sollte würde ich sogar fast sagen, sie hat das mit Absicht gemacht, um uns ein Gefühl von Akzeptanz und Normalität zu geben. Und wenn es so wäre, dann hat sie das wunderbar geschafft. Und so war ich, nach Weinschorle, noch einem weiteren Viertelchen der Verkostung und dieser netten Geste der Magd, locker und beschwingt.
Und ja, auch ganz schön glücklich!
Die gesamte Gruppe war aber nun auch langsam etwas heiterer und so ergaben sich das ein oder andere lustige hin und her, vor allem meist ausgehend von der Magd. Sehr schön! Eine kleine weitere Wanderung später, wieder gespickt mit teils etwas schlüpfrigen Anekdoten aus der Kaiserzeit, kehrten wir zum Hauptgang in einem Lokal praktisch gegenüber der Semperoper ein. Hier konnten wir aus einer Karte von vier oder fünf Hauptgerichten wählen – ich entschied mich für den sächsischen Sauerbraten mit Knödeln und Rotkohl und noch einer Weissweinschorle. Das Essen war, sagen wir, OK. Geschmacklich gut, aber fachlich nicht so wirklich vollendet – der Sauerbraten war viel zu wenig gesäuert, d.h. das Fleisch war gerade mal einen Zentimeter am Rand durchgezogen. Der Rotkohl war gut, aber einen ganzen Schlag zu süß. Aber nuja. Das spielte an dem Abend keine so wirklich grosse Rolle mehr! Wir waren alle etwas durchgefrohren, vor allem ich, da ich ja ausser der Strumpfhose nicht viel an den Beinen hatte. Doch das Wichtigste war eigentlich, dass es ein sehr vergnüglicher Abend war!
Nach dem Essen verliessen wir halbwegs zeitig das Lokal und gingen zurück zum Hotel – und ich freute mich auf eine warme Badewanne!
Der Abend war also ein wunderbares Highlight! Wir sind in der Gruppe nicht aufgefallen, eigentlich ganz im Gegenteil. Die Magd machte aus der ganzen Veranstaltung eine wirklich sehr humorige Zeit und mit dem sehr empfänglichen „Opfer“ für Anspielungen und Witze Junker Manfred hatten wir wirklich Glück in der Gruppe. Auch der vorangegangene Vormittag mit unserer Shopping Tour, Wetter und Stadt waren einfach nur traumhaft. Wie könnte soetwas noch getoppt werden? Höchstens durch sommerlichere Temperaturen 🙂 Aber auch das könnte zum Nachteil gereichen, wenn dann das so wichtige Make-Up mit dem Schweiss davon läuft.
Und so sinke ich gegen 2300 Uhr genüsslich in eine sehr warme Badewanne – ein Geigerzähler hätte vermutlich bei meinem Strahlen Vollausschlag 🙂