Staatlicher Datenmissbrauch – Ein Beispiel

Aktuell wird viel diskutiert und auch dagegen geklagt, dass “auf” neu ausgegebenen Personalausweisen auch Fingerabdrücke gespeichert werden sollen. Den Bürger*innen wird dabei gesagt, das sei alles gar kein Problem, die digitalisierten Fingerabdrücke würden ganz sicher nur auf dem Chip in dem Personalausweis gespeichert und nicht zentral in einer Datenbank.

Dazu möchte, vielleicht zum Nachdenken, eine kleine Anekdote erzählen. Dies ist mir tatsächlich so passiert, keine Erfindung. Also, erinnert Ihr Euch noch an den ganz alten grauen Personalausweise? Der sah in etwa so aus:

Quelle: Wikimedia, Axel1963

Ein kleines Papierbüchlein mit einer Hand voll Seiten. Auf der ersten Seite standen die üblichen Angaben und darin war auch ein Foto. Beantragte man einen solchen Ausweis, so wurde der praktisch vor Ort beim Amt erstellt und das Bild per Nieten oder einer Art Stanze auf die Seite im Ausweis getackert. Alles ganz analog. Als Daten wurden lediglich die normalen Angaben des Bürgerbüros genommen und “gespeichert”, also beim Amt auf eine Karteikarte mit Schreibmaschine geschrieben.

Dann kam die erste Welle der Digitalisierung und es sollte einen neuen Personalausweis geben, der sah dann so aus:

Quelle: Bundesdruckerei: Fotoarchiv

Diese laminierte Plastikkarte wurde nun zentral von der Bundesdruckerei gedruckt. Die Daten mussten dazu von dem Amt samt Foto an die Bundesdruckerei geschickt werden, wo dann der Ausweis digital gedruckt wurde. (Fun Fact: Nein, das war nicht die genormte Größe einer Kredikarte, sondern größer, passte also nirgends anständig rein)

Bei der Einführung kamen natürlich Datenschutzbedenken auf, es könnte so bei der Bundesdruckerei ein zentrales Register von Daten aller Bürger*innen samt Fotos entstehen! Doch die Politik reagierte prompt und sagte, “Nein nein, es wird nichts gespeichert, alle Daten werden sofort nach dem Druck gelöscht!”. Das konnte man bezweifeln, nur belegen konnte man es eben nicht.

Ein paar Monate nach der Einführung dieses neuen Personalausweises, das muss etwa 1988 gewesen sein, musste ich zur Musterung ins Kreiswehrersatzamt. Die ganze Prozedur dort war schon halbwegs erniedrigend genug, aber da war dann eben der Wehrarzt und an einem, offenbar neuen, Computer Arbeitsplatz saß eine Person, die die Daten aufnahm. Nach etwas Hin und Her und Blabla berichtete dann diese Daten-Person dem Arzt offenbar ganz stolz, dass man nun in dem “neuen System” auch direkt die Bilder der Personen sehen könne! Im Augenwinkel sah ich dann auf dem Schirm auch in der Tat mein Bild – das Bild aus meinem Personalausweis!

Also von wegen “das wird sofort nach dem Druck vernichtet”! Angelogen haben sie uns!
Wo ein Trog ist, da kommen die Schweine.

Werden unsere Ausweisdaten also doch irgendwo zentral gespeichert? Obwohl sie uns sagen, dass sei nicht so? Sehr wahrscheinlich, ja! Davon muss man zumindest ausgehen, auch wenn es “offiziell” nicht der Fall ist. Unsere Polizeien und Geheimdienste lassen solche Chancen nicht ungenutzt vorbeiziehen. Die neuen biometrischen Fotos des Reisepass? Nur auf dem Chip im Pass? Pft… mit Sicherheit sind die auch in einer Bundesdatenbank. Die biometrischen Fotos der Personalausweise? Natürlich sind die in einer Datenbank! ich weiß es, ich stand daneben! Die Fingerabdrücke für den neuen Personalausweis? Nun, das könnt Ihr Euch selbst ausrechnen.

Daher gilt das alte Motto: Nur Daten, die gar nicht erst erhoben werden, sind auch sicher.
Lasst Euch nicht für dumm verkaufen.

Das gleiche gilt natürlich auch für die aktuell viel diskutierten “Gesundheitsdaten” und die “elektronische Patientenakte”. Natürlich wird darin mehr gespeichert werden, als wir wissen. Und natürlich gibt es auch Zugang zu den Daten, ohne das wir zustimmen müssten! Das ist alles Augenwischerei. Es fängt doch bereits an, mit dem “Gesundheitsdatenmarktplatz”, über den angeblich anonymisierte Daten gewinnbringend an Pharma Konzerne verhökert werden sollen – für ach so gute Forschung, is’ klar. Woher die Daten kommen? Na aus den elektronischen Patientenakten! Oh warte, aber die sind doch “auf der Gesundheitskarte gespeichert”? Nein, sind sie nicht! Die Karte ist lediglich ein Schlüssel zum Entsperren der Daten, die in einer zentralen Datenbank gespeichert sind. Es ist überhaupt kein Problem, Daten mit mehreren Schlüsseln zu verschlüsseln. Wer kann also sicherstellen, dass diese Daten nicht mit noch weiteren Schlüsseln, die nicht unter unserer Kontrolle sind, verschlüsselt werden? Hm? Die Zivilgesellschaft mal nicht.

Diese Gesundheitsdaten sind hunderte von Milliarden Euro wert. Glaub mal bloß keiner, dass die Pharma Lobby und nicht zuletzt auch die Versicherer sich hier keine Zugänge gesichert hätten. Alles natürlich nur zum Wohle der Patient*innen, klar klar… so wie digitale Bilder und digitale Fingerabdrücke der Ausweise natürlich nie nicht zentral gespeichert werden. Und selbst wenn, dann natürlich nur zur Terrorismus Bekämpfung! Ah warte, es gibt kaum noch Terrorismus Bedrohung… äh … dann zum Schutz der Kinder! Diese fürchterlichen Pädokriminellen! Genau! Denen kommen wir mit einer zentralen Fingerabdruck Datenbank dann endlich auf die Schliche!

Man man man…

Also, seit wachsam, seit kritisch und lasst Euch nicht für dumm verkaufen.

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