Zum mitmeißeln: Wasserstoff ist für privat keine Alternative!

Die Diskussionen um Energieversorgung und die angebliche “Technologieoffenheit” der letzten Wochen und Monate gehen mir offen gestanden unglaublich auf die Nerven. Denn da diskutieren Leute Dinge, von denen sie ganz offenbar keinerlei Grundlagenwissen haben – oder einfache Mathematik nicht zu verstehen scheinen. Begriffen wie Effiienz werden in den Diskussionen konsequent ausgeblendet.

Was ich meine?

Nun, Auslöser der ganzen Diskussionen ist das von niemandem mehr infrage gestellte Ziel, den CO2 Ausstoß drastisch zu verringern. Das Warum spare ich mir an dieser Stelle und verweise dazu auf den aktuellen IPCC Bericht – zur Lektüre dessen aber besser stabil hinsetzen, nicht erfreulich.

Wenn wir also CO2 um jeden Preis vermeiden wollen, dann verbietet sich sofort jede Nutzung von Anlagen, die CO2 freisetzen. Fossile Energieträger müssen im Boden bleiben, also gar nicht erst gefördert werden. Auch das ist keine Neuigkeit.

Also was machen wir stattdessen?

Wir setzen auf regenerative Energie, vor allem elektrischen Strom, aus Windkraft, Solar, Wasserkraft etc. Aber eben vor allem elektrischer Strom als Basis, für elektrische Mobilität, elektrisch betriebene Wärmepumpen etc.

Wasserstoff in großen Mengen klimaneutral zu erzeugen funktioniert fast ausschließlich über Elektrolyse, d.h. mit elektrischem Strom (doh!) wird Wasser (H2O) zu Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) aufgespalten. Doch dieser Prozess ist nicht sehr effizient – hier kommt also der Effizienzbegriff ins Spiel. Die aktuell besten großtechnischen Elektrolyseure kommen auf ca. 75% Effizienz. Hinzu kommt die nötige Energie, um den so erzeugten Wasserstoff zu transportieren, in der Regel extrem stark zu komprimieren (mehrere Hundert Bar), mindestens bei der Kompression stark zu kühlen und dann noch zu transportieren. Technisch möglich ist das, klar! Man könnte auch, rein technisch betrachtet, ein E-Auto mit Taschenrechnerbatterien betreiben. Doch es wäre eben sehr ineffizient, so wie Wasserstoff mittels Elektrolyse aus Wasser zu erzeugen und zu verteilen.

Als grobe Daumenregel kann man sagen, von der Energieerzeugung bis zum Rad auf der Straße kommen bei einem Batterie elektrischen Fahrzeug etwa 80% der eingesetzten Energie auf die Straße, bei einem Wasserstofffahrzeug sind es lediglich etwa 30%! Also etwa 70% der eingesetzten Energie gehen verloren! 70% Verlust!

Na dann nehmen wir eben e-Fuels!
Nein, die machen es nur noch schlimmer! Denn da machen wir aus Strom mittel Elektrolyse Wasserstoff und dann mit diesem Wasserstoff und ebenfalls energieaufwändig aus der Atmosphäre entzogenem CO2 und noch einem energieintensiven Prozess zuerst Synthesegas und damit dann künstliches Benzin, was dann auch wieder mit Energieeinsatz transportiert werden muss. Mit e-Fuels kommt man dann auf eine Gesamteffizienz von gerade mal 20%, wenn es gut geht, d.h. 80% der eingesetzten Energie gehen verloren! Das ist die komplette Umkehr der Effizienz von Batterie elektrischen Fahrzeugen – 80% auf die Straße und nur 20% Verlust.

Für Autos ist die Konsequenz also völlig klar. Doch es geht noch weiter.

Wasserstoff zu transportieren ist deutlich schwieriger als bspw. Erdgas oder Propangas. Erdgas und Propangas bestehen zum größten Teil aus Kohlenwasserstoffen, also längere Molekylketten aus Kohlenstoff, Wasserstoff und anderen Atomen. Ein solches Propangas oder Erdgasmolekyl (genaugenommen ist Erdgas ein Gemisch aus verschiedenen Molekylen) ist um ein Vielfaches größer, als ein Wasserstoffatom. Das hat zur Folge, dass Leitungssysteme, die für Erdgas dicht sind, Wasserstoff nicht wirklich aufhalten und lecken würden. Unsere Heizungs-Erdgasnetze sind dafür zum größten Teil völlig ungeeignet! Wir müssten viel mehr hineinpumpen, als bei den Verbrauchern ankommt. Und das auch noch mit dem sehr teuren Wasserstoff, den wir mit zusätzlichem Energieeinsatz zuvor aus Strom und Wasser erzeugt haben.

Wir können also gar nicht ohne Weiteres einfach unser Erdgasnetz für Heizungen auf Wasserstoff umstellen, selbst wenn wir wollten. Es geht in den meisten Teilen der (alten) Netze schlicht gar nicht! Und selbst wenn, dann hätten wir darin Wasserstoff, bei dessen Erzeugung bereits 20% Energie verloren ging, plus Verluste beim Transport. Wenn wir den nun in einer Verbrennungsheizung verheizen, dann haben wir wieder Verluste! Keine Gas Heizung ist 100% Effizient, es geht immer warmes Abgas nach draußen. Hinzu kommt, dass selbst wenn diese Heizung völlig unrealistische 100% Effizient hätte, dann bekämen wir noch immer nur 80% der eingesetzten Energie raus – denn wir haben bereits 20% bei der Herstellung verloren! Dazu noch Leitungsverluste, Energie für Transport etc.

Und jetzt schauen wir mal auf die inzwischen so verhasste Wärmepumpe. Eine Wärmepumpe arbeitet direkt mit elektrischer Energie. Moderne Wärmepumpen arbeiten mit einer Jahresarbeitszahl von ca. 4, d.h. aus einer Kilowattstunde Strom erzeugt die Wärmepumpe durch Ausnutzung der Umgebungsenergie ca. 4 Kilowattstunden Wärme.

Zu kompliziert? Ganz einfach, aus einer Kilowattstunden (kWh) Strom werden:

Wassertstoffheizung: weniger als 0,8 kWh Wärme
Wärmepumpe: ca. 4kWh Wärme

Für beides wird primär Strom eingesetzt. Also warum sollten man Wasserstoff zu Hause verheizen wollen? Das macht Null Sinn! Das macht noch nichteinmal wirtschaftlich Sinn, denn man zahlt mindestens die kWh Strom, d.h. eine Wasserstoffheizung wird schlussendlich mindestens das Vierfache an laufenden Kosten verursachen!

Ist Wasserstoff eine völlige Sachgasse?

Nein, denn in machen Bereichen wird nicht unbedingt nur einfach “Energie” benötigt, sondern auch beispielsweise chemische Reaktionsfreudigkeit. Die oft zitierte Stahlindustrie braucht nicht nur Energie zum Heizen der Hochöfen, was man auch direkt mit Strom könnte, doch es braucht auch Gase, die das Eisenerz, was meist eine Mischung aus Oxiden ist, wieder zu Metall reduziert. Hierfür wird heute Erdgas eingesetzt, was durch Wasserstoff ersetzt werden könnte. Hier käme man mit reinem Strom nicht weiter, d.h. hier macht Wasserstoff Sinn, solange wir noch Stahl benötigen.

Wir können herzlich gerne Wasserstoff überall einsetzen, für Autos, Heizungen und wo auch immer, ist mir völlig egal. Aber erst und nur erst dann, wenn wir einen deutlichen Überschuss von regenerativem Strom haben, um uns die deutlich geringere Effizienz von Wasserstoff basierten Lösungen auch leisten zu können. Aktuell kommen wir auf ca. 50% regenerative Energie im Strommix. Bis wir auf 100% kommen werden noch viele Jahre vergehen. Ambitionierte Pläne der Bundesregierung sprechen von 2035, realistisch ist wohl eher 2050. Bis dahin können wir uns schlicht jede Art der ineffizienten Nutzung von Strom nicht leisten!

Ist Wasserstoff also eine Alternative für den privaten Sektor, Verkehr, Heizung etc.? Nein!

Man kann es nachrechnen, doch damit haben anscheinen immer mehr Menschen ein Problem, sogar diejenigen, die Deutschland lenken und führen sollen. Wenn ich schon unsere völlig ahnungslose Forschungsministerin höre, die eigentlich zumindest etwas Verständnis von Naturwissenschaften haben sollte, dann rollen sich mir die Zehennägel auf. Es ist einfach zum weinen…

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