E-Mobilität geht nicht? Echt jetzt?

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Elektro Autos seien noch nicht reif für die Straße, sagen sie. Die Speicher nicht ausgereift, die Reichtweite nicht ausreichend, die Lade-Infrastruktur noch viel zu wenig ausgebaut. Und überhaupt, das könne ohne Milliarden staatlicher Hilfe gar nicht entstehen, es braucht noch Jahre und Jahrzehnte an Entwicklungsaufwand – einfach für alles. Sagen sie.

Reisen bildet, sagt man. Ich bin gerade verreist, in Shenzhen, China. Shenzhen hatte vor gut 30 Jahren gerade einmal etwas mehr als 30.000 Einwohner. Heute ist Shenzhen eine Mega Stadt mit über 13 Millionen Einwohnern im Stadtgebiet und noch einmal gut 10 Millionen im Stadt nahen Umland. Shenzhen ist eine Wirtschafts-Sonderzone und verdankt nicht zuletzt daher auch seinen kometenhaften Aufstieg zur Technologie Metropole. Shenzhen ist die ungeschlagene Nummer 1, wenn es um die Produktion von elektronischen Geräten geht. Jedes Jahr werden etwa 1,5 Milliarden Smartphones produziert, ca. 70% davon kommen aus Shenzhen, also über eine Milliarde! Pro Jahr!

Sicherlich ist vieles in China kritikwürdig, darüber möchte ich nicht hinwegtäuschen. Doch das ist nicht der Punkt dieses Artikels. Die Frage, die ich mir aktuell stelle ist, warum suggeriert uns die Politik und Wirtschaft, dass Elektromobilität in Deutschland noch ganz weit weg und ein Thema der weit entfernten Zukunft sein solle? Begründet wird dies mit technologischen Problemen. Doch ist das wirklich so? Ist es wirklich die Technologie, die noch nicht ausgereift ist?

Hier in Shenzhen ist dies alles bereits Realität, jeden Tag, völlig normal und es funktioniert, in einer der größten Städte der Welt und ohne das irgendetwas deshalb zu kurz kommen würde oder zusammengebrochen wäre.

Der gesamte innerstädtische Busverkehr besteht aus elektrischen Linienbussen. Es fährt kein einziger Diesel Linienbus mehr durch die Gegend. Geschätzt die Hälfte aller Taxis ist voll-elektrisch, zu erkennen an blauen Streifen auf den sonst weitgehend weißen Taxis. Motorräder und vor allem zweitakt Mopeds sind schlicht verboten. Stattdessen wird mit elektro Rädern und elektro Scootern gefahren. Selbst uralt erscheinende dreirädrige Lieferkarren sind elektrisch – und sehen aus, als wären sie schon Jahrzehnte im Einsatz.

Es geht also, wenn man nur will. Es bricht deswegen nichts zusammen, außer vielleicht Geschäftsmodelle, die auf Verbrennungsmotoren ausgerichtet sind. Die Deutsche Auto-Industrie hat die Entwicklung der letzten Jahre in Bezug auf elektrische Autos schlicht verschlafen und versucht nun mit allen Mitteln die Politik und uns davon zu überzeugen, dass wir noch warten müssten, bis die Technologie ausgereift wäre. Das ist aber falsch, die Technologie ist lange schon vorhanden und ausgereift, aber unsere Auto Industrie noch nicht!

Es ist nicht einzusehen, warum wir als Steuerzahler_innen weiterhin diese Mineralöl-Lobby finanzieren sollen, die selbst nach dem offensichtlich gewordenen massiven Versagen in der Diesel-Affäre kein Einsehen haben und weiterhin darauf drängen, mit „Nachbesserungen“ alles gut machen zu wollen. Da ist aber nichts gut zu machen. Es gibt nur einen richtigen Weg aus dieser Misere: Schluss mit den Verbrennungsmotoren! Wir können es uns absolut nicht mehr leisten, den wertvollen Rohstoff Öl sinnlos für Mobilität zu verknallen, wenn wir auf der anderen Seite funktionierende Alternativen haben.

Ja, sie funktionieren, für millionen Menschen, schaut nach Shenzhen!

Ich zumindest komme mir jetzt äußerst veräppelt vor. Fast hätte ich das Märchen von der fernen Zukunft der E-Autos geglaubt. Fast. Diese Reise hat mich gebildet. Vielleicht sollten unsere Politiker_innen auch einmal eine solche Bildungsreise unternehmen.

2 thoughts on “E-Mobilität geht nicht? Echt jetzt?

  1. Claudia

    eMobilität für Autos ist in weiter Ferne, da die derzeit verfolgten Konzepte nicht sinnvoll umsetzbar sind. Bei durchschnittlich 390-820 Gramm CO2/kWh ist der CO2 Ausstoß der Stromerzeugung ungeeignet für eine elektrifizierte Mobilität, besonders, falls wir dann auch noch eine äußerst dreckige Akkuproduktion dazu benötigen. Ein Diesel produziert dagegen nur 190 Gramm CO2/kWh. Dazu kommen noch 8% Verluste beim Transport und 10-15 % beim Umspannen und dem Laden/Entladen der Akkus. Wir verlagern den Dreck aus den Städten und Erhöhen in dramatisch beim Kraftwerk. In Polen oder China ist ein Smart Stromer 8* so dreckig wie ein Smart Diesel und das liegt im Wesentlichen an der Art der Stromerzeugung und den Akkus.

    Nicht zu vergessen: Wir haben Lithiumvorräte für noch circa 50 Mio Fahrzeuge.

    Pedelecs sind sinnvoll, da wir durch Körperkraft und geringes Fahrzeuggewicht die Bilanz verbessern. Elektrobusse mit Oberleitung ersparen uns das Akkuproblem. Dann hätte man bei ökologischer Stromproduktion eine Alternative.

    Der Verbrennungsmotor wird also langfristig erhalten bleiben. Allerdings sollten wir dabei auf den umgekehrten Hybrid setzen. Ein kleiner Diesel läuft nur noch als Generator bei fester Drehzahl und ist so sehr gut bei den Emissionen und bei Wirkungsgrad optimierbar. Er lädt einen sehr kleinen Akku (Reichweite einige km) auf, der dann für den Antrieb den Strom liefert.

    Das erspart uns den Irrsinn hunderte Kilogramm Akku für ein dennoch begrenzte Reichweite zu benötigen. Der Tank sorgt für unbegrenzte Reichweite. Das Fahrzeuggewicht reduziert sich durch Wegfall von Getriebe, großem Motor und Differential deutlich. Die Herstellungskosten wären deutlich günstiger als bei einem klassischen PKW und selbstverständlich dramatisch günstiger als bei eAuto.

    Großer Systemvorteil: Tauscht man den Diesel mit Generator gegen einen großen Akku, kann das Auto auch als reines eAuto genutzt werden, falls größere Reichweiten nicht das Problem sind oder falls wir eines Tages leichte, preisgünstige Akkus hätten. Auch eine Version mit Wasserstoff wäre problemlos machbar.

    Leider wird immer nur das hirnlose Konzept eAuto promotet und niemand stellt Betrachtungen der Umweltfreundlichkeit des Gesamtsystems an.
    Disclaimer: Ich habe Elektrotechnik / Datentechnik studiert

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    1. nicole Post author

      Hallo Claudia,
      das sehe ich in weiten Teilen etwas anders.
      Zunächst einmal steht für mich völlig außer Frage, dass wir von der Verbrennung von fossilen Energieträgern weg müssen – und zwar schnellstens. Das in diesen Energieträgern gebundene CO2 ist genau jenes CO2, welches die Natur über Jahrmillionen aus unserer Atmosphäre extrahiert, gebunden und vor allem für uns den lebenswichtigen Sauerstoff freigegeben hat. Verknallen wir diese Energieträger wieder zu CO2 nimmt unweigerlich der CO2 Gehalt zu und der Sauerstoff Gehalt ab. Das kann niemand ernsthaft wollen.

      Als nächstes muss man feststellen, dass heute bereits Strom aus regenerativen Quellen billiger in den Gestehungskosten ist, als Strom aus jeder anderen Quelle, incl. der oft als so billig angepriesenen Kernkraft. Mit der weiteren Verbreitung von regenerativen Kraftwerken wird der Preis noch weiter fallen, die Technologien werden stetig verbessert, was wiederum zu fallenden Preisen führt etc. Damit sind Energieumwandlungsverluste immer weniger relevant.

      Teilweise Recht gebe ich Dir, dass Lithium Akkumulatoren sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Diese sehe ich auch nur als eine Übergangstechnologie, bis wir bessere Speicher haben. Deine Zahlen zur Verfügbarkeit von Lithium für die Akkus kann ich nicht nachvollziehen. Das weltweite Vorkommen wird auf ca. 46 millionen Tonnen geschätzt (Stand 2016, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium#Produktion_und_Reserven). Das reicht noch sehr lange. Zudem werden immer weitere Verfahren entwickelt, die Lithium aus anderen Quellen schöpfen können, bspw. aus Meerwasser. Nichtsdestotrotz, ja, ich bin von Lithium Akkus auch nicht sonderlich begeistert, aber zur Zeit funktionieren sie.

      Hybrid Antriebe, wie von Dir genannt, also Verbrennungsmotor zum Antrieb eines Generator, der dann wiederum Strom für einen Elektromotor zum Antrieb produziert, halte ich aus zwei Gründen für Unfug. Zum einen kann eine solche Lösung den Verbrennungsmotor zum Antrieb nicht in allen Situation ersetzen, weshalb heutige Hybrid Fahrzeuge den Elektroantrieb auch nur situativ als Zusatz verwenden, nicht aber als Hauptantrieb. Ist ja auch klar, denn sonst müsste, bei einer benötigten Leistung während der Fahrt von sagen wir mal 40kW der Verbrennungsmotor permanent 40kW liefern – dann kann er den Wagen gleich direkt antreiben, ohne die Verluste über Generator und E-Antrieb. Das zweite Problem mit diesen Lösungen ist, dass sie noch immer fossile Energieträger verknallen, was aus zuvor genannten Gründen einfach gar nicht geht.

      Wenn schon Alternativen zur Lithium Batterie, dann vielleicht noch Wasserstoff und Brennstoffzellen. Das scheint halbwegs Sinn zu machen, man kann „normal“ tanken, es geht schnell etc. und der Energiegehalt des Wasserstoff pro Volumen ist ähnlich dem von Sprit. Mit billigen regenerativen Energien kann man dann auch die noch relativ ineffiziente Wasserstoffgewinnung verschmerzen. Nur die Speicherung, also der Tank, ist immer wieder ein lästiges Thema, der Druck zur Verflüssigung von Wasserstoff ist recht hoch, damit muss der Tank dickwandig und schwer sein. Zudem die große Explosionsgefahr (-> Knallgas). Doch das scheint ein lösbares Problem zu sein. Ich fände auch reine Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff aus regenerativen Quellen ganz OK, solange eben dafür regenerative Stromquellen benutzt würden und keine Kernkraft, die schlicht inhärent unsicher und auf lange Sicht betrachtet nicht beherrschbar ist.

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