Trans* – Sprachhandeln

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Da ich immer wieder über Begriffe wie “im falschen Körper”, “biologisches Geschlecht” oder “Transmann” / “Transfrau” wahrhaft stolpere, habe hier hier einmal meine Kritik an diesen Begriffen aufgeschrieben.

Falscher Körper

Ich halte es für nicht hilfreich, das Bild des “falschen Körpers” weiter zu proliferieren. Es gibt nicht den falschen Körper und die geschlechtliche Identität hat zunächst nichts mit körperlichen Eigenschaften zu tun. Für viele trans* Menschen gibt es hier zwar einen Zusammenhang, der in der Folge zur Notwendigkeit von Angleichungen führt, doch dies ist hoch individuell bishin zu trans* Menschen, die keine körperlichen Angleichungen anstreben. Das Körper zentrierte Bild auf trans* Menschen muss endlich aufhören, denn es geht nicht primär um den Körper, jedenfalls nicht zentral, sondern um die persönliche geschlechtliche Identität, die ggf. mit Fremdzuweisungen, Fremderwartungen und ggf. eigenen Erwartungen nicht übereinstimmen kann.

Dies ist inzwischen auch wissenschaftlich anerkannt und schlägt sich entsprechend im Entwurf des ICD11 als “Gender Incongruence” nieder, einer nicht nähre bestimmten Inkongruenz zwischen dem persönlichen geschlechtlichen Empfinden und nicht näher benannten anderen Eigenschaften oder sogar Zuschreibungen. Die Inkongruenz kann dann darin bestehen, dasss bestimmte Körpermerkmale nicht kongruent sind oder eben bspw. auch die Fremdzuweisung oder Fremderwartung von geschlechtlichen Eigenschaften abgelehnt werden (müssen). Der Körper ist hier aber nur einer von vielen Faktoren.

Der Körperzentrierung, wie sie oft verbreitet wird, liegt noch ein anderes Problem zugrunde, nämlich die Körpernormierung. Denn was damit auch transportiert wird, ist ein geschlechtlich normiertes Körperbild – so haben Mann und Frau zu sein, so und so sind ihre Körper. Dies ist aber falsch.

Aktivistisch kurz gesagt:
Es gibt Männer mit Vagina und Frauen mit Penis – gewöhnt euch dran!

Biologisches Geschlecht

Diesen Begriff finde ich auch sehr problematisch. Was macht denn ein “biologisches Geschlecht” aus? Die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale? Der Hormonspiegel? Die Gene? Hirnstrukturen? Die Breite des Beckens?

Das biologische Geschlecht ist eine Vorstellung des letzten Jahrtausends. Soetwas wie “das biologische Geschlecht” gibt es schlicht und ergreifend nicht, denn jeder Ansatz einer Definition kann falsifiziert werden. Falsifikation ist eine der Grundmethoden wissenschaftlichen Arbeitens zur Überprüfung einer Theorie. Kann ein Gegenbeispiel konstruiert oder anders gegeben werden, so gilt die Theorie als widerlegt.

Der Begriff alleine versucht eine biologisch/physiologische Wissenschaftlichkeit zu suggerieren, die einfach nicht gegeben ist – und was auch inzwischen wissenschaftlich immer weiter anerkannt wird. Es gibt kein einzelnes Merkmal und auch keine Gruppe von Merkmalen, anhand derer ein “biologisches Geschlecht” an einem Individuum ablesbar wäre. Denn hierin liegt die Krux, es wird versucht eine allgemeine Regel aufzustellen, anhand derer dann Individuen klassifiziert werden sollen. Solche Regeln sind aber nur phänomenologisch für eine Population aufstellbar und selbst dort wackelig, taugen vielleicht noch zur Beschreibung allgemeiner Phänomene, aber gar nicht zur Klassifizierung von Individuen.

Die Natur ist eben vielfältig und nicht monokausal, wie es die Menschen gerne hätten.

Anstatt “biologischem Geschlecht” muss es daher konsequenterweise richtig lauten: “das bei Geburt anhand äußerer Geschlechtsmerkmale zugewiesene Geschlecht”. Etwas sperrig, aber erst dann stimmt es – meistens.

Transmann, Transfrau

Ich verwehre mich auch regelmäßig gegen Schreibweisen, die zusammengesetzte Substantive bilden, wie “Transfrauen” und “Transmänner”. Das mag etwas kleinlich klingen, doch solche Begriffsbildungen haben den Charakter von Marginalisierung. Man versucht trans* Menschen damit in eine eigene abgeschlossene Gruppe zu stecken, um sie zu kontrollieren und sie damit schlussendlich von den “normalen” abzusondern. Wir sind keine Frauen und Männer, sondern “Transfrauen” und “Transmänner”.

Das finde ich genauso falsch, wie Menschen auf andere Eigenschaften zu reduzieren und sie damit zu objektifizieren, wie es jahrelang bspw. auch mit Frauen geschah und noch geschieht: Die Blondine, die Brünette etc. Das würde man nie oder zumindest sehr viel seltener über Männer hören oder lesen, denn Männer sind die Norm und die vollwertigen und unangefochtenen Mitglieder der Gesellschaft. Doch bis eine Frau von der “Brünetten” zur vollwertigen Frau wird, muss sie, im Vergleich zum Mann, extra Leistungen erbringen, sich erst als ebenbürtig erweisen. Zuvor wird sie zum Objekt reduziert und ihr ihre Individualität als Mensch abgesprochen.

Genau das gleiche passiert hier mit trans* Menschen. Wir werden objektifiziert, auf den Körper reduziert und durch eigene Substantive ab- und ausgegrenzt. Die darauf folgende Diskussion dreht sich dann nicht mehr um den Menschen und das Individuum, sondern nur noch um die Eigenschaften als Objekt – der Neugier, der Sensationslust, der wissenschaftlichen Betrachtung etc.

Trans* ist mindestens ein Spektrum und vermutlich sogar noch viel mehr als eindimensional. Trans* ist nicht binär und nicht beschränkt auf Frau und Mann oder bestimmte Körper und Körperbilder. Daher plädiere ich stets für die Verwendung von trans* oder Trans* und in der Beschreibung von Menschen für die Verwendung von trans* als Adjektiv: trans* Frau, trans* Mann, trans* Mensch, trans* Person. Es sind Frauen und Männer, die wie “blonde Frau” eben die Eigenschaft trans* haben. Es macht sie damit aber nicht zu einer anderen Art von Frau und im Besonderen nicht zum Objekt “Transfrau”.