Geschlechtliche Selbstbestimmung und die CDU/CSU – Keine Chance

Die Bundestagswahl steht vor der Tür und die Direktkandidat*innen sind gerade jetzt etwas gesprächsbereiter als sonst. Also habe ich den CDU Direktkandidaten für meinen Wahlkreis in Siegen, Herrn Volkmar Klein, mal nach seiner Meinung zu geschlechtlicher Selbstbestimmung gefragt:

Guten Tag,
ich bin Wählerin in Ihrem Wahlkreis.

Die Bundestagswahl steht an. Mich interessiert Ihre Position zu einem Thema, dass mir aus besonderen Gründen persönlich Sorgen bereitet.

In den Medien und zuletzt sogar auch im Bundestag wird immer wieder über “geschlechtliche Selbstbestimmung” gesprochen. Menschen und vor allem auch Jugendliche und teils Kinder sollen über ihr Geschlecht selbst bestimmen können und der Staat solle dies anerkennen.

Die aktuelle Regierung unter der Führung der CDU hat zuletzt, ich glaube im Mai war es, gegen solcherlei Vorschläge der Oppositionsparteien gestimmt.

Wie stehen Sie dazu?

Und in der Tat hat er direkt am nächsten Tag (heute) geantwortet, kurz, knapp und sehr eindeutig:

Liebe Frau Faerber,
davon halte ich überhaupt nichts. Auch im neu gewählten Bundestag wird die CDU/CSU-Fraktion solchen Unfug sicherlich ablehnen.
Meine Meinung dazu wird sich jedenfalls nicht ändern.

Mit vielen Grüßen
Volkmar Klein

Volkmar Klein MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel 030-227-77705

Auf der Heister 9
57299 Burbach
Tel 02736-491376

Keine weiteren Fragen Euer Ehren. Damit sollte allen hinreichend klar sein, dass es soetwas wie eine TSG Reform mit der CDU/CSU einfach schlicht und ergreifend nicht geben wird. Jedenfalls nicht, solange Menschen wie Herr Klein daran teilhaben.

Doch wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, ich habe ihm auch noch ein Gesprächsangebot gemacht:

Vielen Dank für Ihre prompte Antwort – die ich so offengestanden auch
erwartet habe.

Ich möchte Ihnen dringend empfehlen, sich einmal mit trans* Menschen
und deren An- und Zugehörigen zu treffen und sich schildern zu lassen,
welches menschliche Leid die aktuellen Regelungen hierzu auslösen. Das
ist vermeidbar, ohne das dadurch irgendjemand anderem Nachteile
entstünden.

Für trans* Kinder und Jugendliche ist dies nicht nur eine Frage des
Diskriminierungsschutzes, sondern auch ein konkretes Gesundheitsrisiko.
Wenn Kinder und Jugendliche in der Schule nichts mehr trinken, um nicht
zur Toilette gehen zu müssen, dann wird dies schnell konkret
gesundheitsgefährdend! Die Suizidalität bei trans* Menschen ist etwa
zehn (10 !) mal so hoch wie im Rest der Bevölkerung! Gerade erst hat
sich eine trans* Frau in Berlin direkt auf dem Alexanderplatz selbst
verbrannt und erlag vor wenigen Tagen ihren Verletzungen.

Das sind direkte Folgen der restriktiven und allgemein als
menschenrechtswidrig eingeschätzten Politik in Deutschland.

Die CDU/CSU möchte eine Volkspartei sein. Trans* Menschen sind Teil
dieses Volkes. Und sogar nicht gerade wenige, genaue Zahlen gibt es
nicht, Schätzungen schwanken zwischen 0,5% und 2% der Bevölkerung. Das
es nur so schlechte Zahlen gibt liegt auch wiederum daran, dass trans*
Menschen in Deutschland in der Regel ausgegrenzt und diskriminiert
werden und daher verdeckt statt offen leben – aus purem Selbstschutz.
Auch hierfür trägt die Politik eine wesentliche Verantwortung.

Ich möchte Sie hiermit herzlich zu einem persönlichen Gespräch in der
vom Land NRW geförderten Trans* Beratungsstelle im andersROOM in Siegen
einladen. Nennen Sie mir einfach einen Terminvorschlag und ich werde
das gerne für Sie einrichten.

Ob er das Angebot annimmt? Ich glaube ja nicht.

Update 16. Januar 2022: Nein, das Angebot zu einem Gespräch hat er nicht angenommen, wie zu erwarten war. Auch sonst erfolgte keinerlei Reaktion mehr.

2 thoughts on “Geschlechtliche Selbstbestimmung und die CDU/CSU – Keine Chance

  1. Manuela Neuroth

    Biete mich gerne an, als Sprecherin des LGBT*IQ&Friends Netzwerkes von RWE an dem Gespräch teilzunehmen. Man kann sicher über die Modalitäten der „Selbstbestimmung des Geschlechts“ unterschiedlicher Meinung sein, aber die Thematik platt als „Unfug“ zu bezeichnen, spricht für sich.

    Reply
    1. nicole Post author

      Ich glaube das ist egal, wer das Gespräch anbietet oder führt, das wird weder angenommen und wenn, dann auch nichts verändern. So agiert die CDU/CSU uns gegenüber seit Jahrzehnten.

      Es war mir auch von vorne herein klar, dass er (und die CDU/CSU) so reagieren würden. Es ist aber mal gut, das so auf den Punkt und schriftlich zu haben, damit auch keine Zweifel daran aufkommen. Das war deren Position, ist es und wird es auch noch sehr lange bleiben – “Unfug”.

      Wir trans* Menschen sind “Unfug”. Unsere Grund- und Menschenrechte sind “Unfug”. Für die CDU/CSU sind wir nach wie vor psychisch gestörte Menschen, vor denen die Gesellschaft beschützt werden muss. Soviel zu “christlich” 🙁 Wer noch immer daran glaubt, man könne bzgl. Geschlechtergerechtigkeit, Vielfalt und gerade in Bezug auf Trans* mit der CDU/CSU reden, sollte spätestens jetzt das Handtuch werfen. Nein, es wird nicht passieren, nicht kurz- und auch nicht mittelfristig.

      Gerade erst hat die katholische Kirche wieder bekräftigt, dass es trans* Menschen gar nicht gibt “Niemand ist transgender”.
      Wahrhaft christlich, nicht wahr?

      Reply

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