Trans* Visibility – Trans* Pride – Es braucht mehr Helden…

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Wir alle haben unsere Kämpfe mit unserem Sein ausgetragen und kämpfen sie teils noch, mit uns selbst und mit anderen – ähnlich wie es Måns Zelmerlöw in seinem ESC Siegertitel Heroes [1] beschreibt (was für eine geniale Hymne!) – “We are the heroes of our time! But we’re dancing with the deamons in our minds…” (Deutsch: Wir sind die Helden unserer Zeit! Aber wir tanzen mit den Dämonen in unserem Geist.”). Jede_r von uns ist ein_e Held_in! Jede_r auf seine_ihre ganz eigene persönliche Art und Weise. Niemand muss sich dafür entschuldigen, wenig Zeit zu haben oder nicht aktivistisch zu sein. Jede_r kämpft diesen Kampf so, wie sie_er es kann und muss.

Was mich aktuell sehr berührt ist, dass so viele Trans*-Menschen beginnen, ein wir zu entdecken!
Nach so vielen Jahren des Einzelkämpfertums finden immer mehr den nötigen Mut, für ein gemeinsames Ziel einzutreten. Für Offenheit und Akzeptanz, für ein leben und leben lassen, für die Wertschätzung und den Respekt gegenüber dem Anderen. Wir sind ganz besondere Helden. Wir kämpfen gegen Dämonen, die die allermeisten Menschen nie gesehen haben – wir können sie ihnen nicht zeigen, wir können sie ihnen nur beschreiben, von uns erzählen, von unseren Problemen, von unseren Kämpfen.

Das ist es, was es so wichtig und wertvoll macht, irgendwie sichtbar zu werden. Sichtbarkeit kann ganz unterschiedlich und dennoch so wichtig und hilfreich sein.

Ob man sich passiv einer Gruppe anschliesst oder persönlich in Erscheinung tritt, beides ist bereits ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die, die die eine Gruppe nach außen persönlich vertreten, müssen sagen können, wie groß ihre Gruppe überhaupt ist. Schon alleine deshalb sind auch passive Mitglieder wichtig.

Persönliche Sichtbarkeit ist das größte Geschenk, dass wir uns selbst machen können. War nicht für die meisten von uns einer der größten Kämpfe, uns selbst zu erkennen und einen Umgang mit unserem Sein zu entwickeln? Für uns Trans*-Menschen ist dies so viel schwerer, als für die meisten Cis-Menschen, weil wir kaum oder zumindest fast keine Vorbilder haben. Wir haben (fast) nichts, an dem wir uns orientieren können. Das führt zu Konflikten, mit uns selbst und mit anderen. Es erwachen die Dämonen, mit denen wir dann lange zu kämpfen haben. Sichtbar zu werden bedeutet daher auch, für andere ein Vorbild zu sein, sie in ihrem Kampf durch unser Vorbild zu stärken, sie zu unterstützen. Gemeinsam sind wir stark! Mit der eigenen Sichtbarkeit machen wir es anderen bereits so viel leichter, ihren Platz zu finden.

Ein ganz wichtiges Ergebnis, der sonst eher tragischen Ereignisse, der Stonewall Riots [2] war es, dass sich die Homosexuellen endlich aus ihrer bis dahin selbst verordneten Unsichtbarkeit hinaus trauten. Das Unrecht des Polizeieinsatzes wurde zum verbindenden Element und man begann gemeinsam sichtbar zu werden und für die eigenen Rechte einzustehen. Zuvor waren sie ähnlich zerstritten, wie unsere Trans* Community es hierzulande auch lange Zeit war.

Mein großer Wunsch ist es, dass wir es ohne ein tragisches Ereignis wie Stonewall schaffen, eine solche Gemeinschaft zu gründen. Ich sehe immer wieder, wie Trans*-Menschen darunter leiden, ihren Platz in der Gesellschaft, ja sogar ihre eigene Identität zu finden. Hin und her gerissen zwischen Selbstbild und Fremdbild, die einfach nicht zueinander finden wollen. Ja, ich glaube, dass ein sehr großer Teil der persönlichen Probleme von Trans*-Menschen indirekt durch die Gesellschaft verursacht werden. Nicht böswillig, es ist einfach so wie es ist. Transphobe Übergriffe sind in Deutschland glücklicherweise relativ selten. Doch die passive Diskriminierung ist nach wie vor ein großes Problem. Ich glaube, dass dies sogar nichteinmal ein Problem von Transphobie, sondern vielmehr von Xenophobie [3] ist, der Angst vor allem Fremden. Das wir dabei auch noch an einer der Grundsäulen der Gesellschaft, dem binären Geschlechtermodell, rütteln, macht es nur noch schwerer.

Wir können Veränderungen nicht erzwingen und sollten sie auch nicht als eine Art Dekret einfordern. Es wird Zeit brauchen, um schrittweise unseren Platz und unsere Gruppenidentität zu finden. Das wird nur nie passieren, weder in unseren Köpfen, noch in den Köpfen anderer, wenn wir nicht sichtbar sind und es kaum Wissen über die Größe unserer Gruppe gibt.

Sichtbar zu werden oder zu sein bedeutet Kampf – mit den eigenen und fremden Dämonen. Doch es lohnt sich!
Wir können damit dazu beitragen, dass es uns allen leichter fallen wird, offen zu uns zu stehen damit die Dämonen zur Ruhe kommen. Endgültig besiegen werden wir sie nicht können, wie man leider in Russland sieht. Es wird eine lebenslange Aufgabe bleiben, weshalb die Strukturen, die wir aufbauen, auch nachhaltig tragfähig sein müssen. Es wird auch eine lebenslange Aufgabe bleiben, den Kampf um Sichtbarkeit weiter zu führen, damit die Dämonen nicht eines unerwarteten Tages wieder erwachen.

Seit Helden! Seit sichtbar!
So sichtbar, wie Ihr es für Euch vertreten könnt. Ihr könnt mit Eurem guten Beispiel so vielen Menschen eine unschätzbar große Hilfe sein – alleine dadurch, einfach sichtbar zu sein.
[1] Måns Zelmerlöw – Heroes
https://www.youtube.com/watch?v=5sGOwFVUU0I

[2] Stonewall Riots
http://de.wikipedia.org/wiki/Stonewall

[3] Xenophobie
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Xenophobie&redirect=no