TSG Reform – Eine Frage der Menschenrechte

Transgender Europe betreibt bereits seit über einem Jahr (Februar 2014) die Kampagne „Access all areas“:

http://tgeu.org/accessallareas/

mit sehr guten Inhalten und Materialien, einiges davon mittlerweile auch auf Deutsch. Das neue Kampagnen-Video ist auch erschreckend und gut:

http://tgeu.org/nightmare/

Vor dem Hintergrund der Europaratsresolution 2048 bekommt die Kampagne, nicht zuletzt auch für Deutschland, neuen Rückenwind. Auch wenn auf der Karte:

http://tgeu.org/trans_rights_europe_map/

Deutschland zu den eher fortschrittlicheren Staaten gehört, die keine Sterilisation mehr für eine rechtliche Anerkennung von Trans* Menschen verlangen, so haben wir dennoch nach wie vor eine gesetzlich beförderte Psycho-Pathologisierung der Betroffenen durch die Begutachtungspflicht nach TSG. Ein klarer Widerspruch zur Europaratsresolution 2048 vom April 2015:

http://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-DocDetails-EN.asp?fileid=21736&lang=EN&search=MjA0OA==

der auch von Deutschland ausdrücklich zugestimmt wurde und in der von „self determination“ als einzige Voraussetzung gesprochen wird. Die andauernde Psycho-Pathologisierung wird in naher Zukunft auch durch den gerade in Revision befindlichen ICD-11 nicht mehr gestützt werden:

http://apps.who.int/classifications/icd11/browse/l-m/en

in dem nicht mehr von „gender dysphoria“ sondern nur noch von „gender incongruence“ die Rede ist (Sektion 6A30 und 6A31) und dies nicht mehr Teil der psychischen Störungen sondern der „conditions realted to sexual health“, in der auch z.B. anatomische Abweichungen kategorisiert sind. Der psycho-pathologische Aspekt ist damit endgültig gestrichen worden.

Deutschland wird nicht umhin kommen, das TSG so bald wie möglich entsprechend anpassen zu müssen. Die Europarats-Resolution 2048 ist ratifiziert der ICD-11 wird voraussichtlich 2017 verabschiedet. Malta, Dänemark und Portugal waren Vorreiter in Europa, in Schweden befindet sich der Prozess zur Reform in vollem Gange. In Deutschland hat die IMAG erste Gutachten gerade ausgeschrieben, allerdings wird zuerst das Thema Intersexualität Schwerpunkt sein, d.h. Trans* wird erst später behandelt werden.

Die Prozesse sind aber derart langsam, dass man die akute Befürchtung äußern muss, dass zu Trans* in dieser Legislaturperiode nicht einmal mehr eine Empfehlung der IMAG entstehen wird – von einer gesetzlichen Umsetzung gar nicht erst zu sprechen. Nach den nächsten Wahlen sieht dann wieder alles ganz anders aus.

Ich fürchte, es wird wieder einmal darauf hinauslaufen, dass eine arme betroffene Person vor dem Bundesverfassungsgericht eine saubere rechtliche Anerkennung des juristischen Geschlechts ohne eine psycho-pathologische Begutachtung erstreiten muss. Das kann noch Jahre dauern. Wir, also dgti und ich, prüfen das gerade mit verschiedenen Juristen.

Deutlich lieber wäre es uns allerdings, wenn noch weitere Seiten Druck auf die Bundesregierung ausüben würden, um den gesetzgeberischen Prozess zur TSG Reform drastisch zu beschleunigen. Wir haben gerade am Beispiel Irland gesehen, wie schnell soetwas gehen. Kaum war das irische Votum positiv beschlossen, überstürzten sich alle mit Änderungsvorschlägen und bald schon werden diese ratifiziert werden. Wenn man will, geht es also. Es muss offenbar nur der Druck groß genug sein. TGEU und andere Betroffenen-Organisation üben welchen aus.

Es wäre jedoch sicherlich sehr hilfreich, wenn dieser auch über die Landesministerien, Landesregierungen und den regierenden Parteien noch deutlich verstärkt würde. Entsprechend dazu natürlich mein ausdrückliches Angebot, wenn wir / ich Sie oder andere passende Ansprechpartner dabei unterstützen können, sind wir dazu natürlich jederzeit sehr gerne bereit. Die aktuell desolate Lage des TSG lässt die (Menschenrechts-)Situation von Trans*-Menschen in Deutschland wirklich erbärmlich im Vergleich zu Beispielen wie Malta oder Dänemark erscheinen.

Wenn schon im katholischen Irland eine homosexuelle Ehe möglich ist und auch dort eine Reform der rechtlichen Anerkennung von Trans*-Menschen konkret in Arbeit ist, warum sollte das nicht auch zeitnah in Deutschland möglich sein?

Wie solche Gesetze aussehen können, können wir praktisch wortwörtlich abschreiben. An der Formulierung kann es also kaum hapern.